Busfahren

altKiew. 23:05 Uhr. Endlich da. ,,Jetzt Bus“, hören wir die Lehrer sagen. Bus fahren? Schon wieder? Das tun wir doch jeden Tag! Wir fragen uns, wie lange wir wohl fahren müssen. ,,Sechs Stunden“, hören wir jemanden aus der Dunkelheit sagen. Was? So lange? Ist das ernst gemeint?

Plötzlich springt mir ein weißer Van entgegen. Van? Kein Reisebus? Vor dem Van stehen zwei große Ukrainer. Sie wirken bedrohlich in der Dunkelheit. Die fahren jetzt auch mit uns? Ah. Der eine lädt unser Gepäck in einen anderen Van ein. Aber dreizehn Schüler, zwei Lehrer, eine Übersetzerin, eine Autorin und Busfahren in diesem Ding, sechs Stunden lang? ,,Der ist doch viel zu klein!“, hört man alle empört sagen.


Landschaft

altFelder voller rotem Mohn strecken sich weit, weit Richtung Horizont. Ohne Ende. Aus ihnen ragen Strommasten, Schiffe aus dem Meer.
Ich fahre weiter mit dem kleinen klapprigen Van, er zittert in jedem Schlagloch.. Doch ich sitze ruhig, voller Begeisterung und schaue beeindruckt auf wogende Felder. Wälder wie Inseln. Kühe und Ziegen sind am Wegrand an einem Strick befestigt und fressen unbeeindruckt ihr Gras. Ab und zu laufen Hunde am Bus entlang, sie verkünden laut unsere Ankunft.


Besuch des Gebietsarchivs

alt„Wir liegen im Augenblick in Ruhe. Ich weiß nicht, wie lange das noch dauert.“ Dies schreibt Toni an seinen Bruder Peter am 8.3.1944 aus "Russland". Ich lese Feldpostbriefe deutscher Wehrmachtssoldaten im Gebietsarchiv Chmelnyzkyj. Das Briefkonvolut wurde nach dem Krieg im Wald gefunden und archiviert. Ebenso wird uns Einblick in nicht zugestellte Briefe aus Deutschland an die Soldaten gewährt. Zudem liegen Zeitungen, Broschüren, Fotos, reiches Quellenmaterial insgesamt aus.

Die Soldaten schreiben von bevorstehenden Verlobungen, gespartem Geld, Fronterlebnisse werden demgegenüber ausgespart, bestenfalls angedeutet. Die Zensur ließ nur unverfängliche Briefe durch, vom Kriegsverlauf sollten nur positive Berichte die Heimat erreichen. Auch die Briefe an die Frontsoldaten fallen ganz ähnlich aus. Die ukrainischen Schüler berichten aus ihren Brieflektüren, dass Liebesschwüre und Familiendinge im Vordergrund stehen. Nur einmal lasen wir, dass ein Schornsteinfeger beim Kaminreinigen eine nicht detonierte Phosphorbombe fand. Man wolle mit der Hausrenovierung aber noch warten….


Unbekannte Helden.

Ulrike Hoffmann - Verwohlt
Unbekannte Helden. Eine deutsche Geschichtslehrerin erlebt historisches Lernen in der Ukraine

altMuss man Geschichte ausstellen, um sie erfahrbar zu machen?

Der Rundblick im Schulmuseum des 31.Panzerkorps der Schule Nr. 10 in Chmelnytzky überwältigt den Besucher. Stolze, reich dekorierte Männer – nur eine Frau ist auf den  Fotos zu sehen – blicken den Betrachter an; vergilbte Schriftstücke stapeln sich in Vitrinen, Fahnen und Karten bedecken die Wände beinahe vom Boden bis zur Decke. So sehen auch in Deutschland Museen aus, die von der modernen Museumspädagogik übersehen wurden. Aber die Panzer, sorgfältig bemalte Miniaturen verschiedener Größe, wie aus dem Bastelbausatz, sie lassen einen Bezug zur historischen Aufklärung nun gar nicht erkennen.



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